Sockstar-Monster St.Gallen

Die Mutter von 2000 Monstern

Text: Kathrin Reimann, Bild: Michel Canonica, Hier geht zum Bericht auf Tagblatt.

Clarissa Schwarz näht Monster aus Socken. Über 2000 bunte Ungeheuer hat sie bereits erschaffen. Während einige davon Hunden zum Opfer fielen, reisen andere um die Welt. Eines sogar an der Seite einer Skispringerlegende.

Es ist nicht ganz einfach ein Gespräch mit Clarissa Schwarz zu führen. Denn egal wo sie mit ihrem Koffer voller Sockenmonster auftaucht, ist ihr die Aufmerksamkeit gewiss. Und das mehr, als es der Grafikdesignerin aus St. Gallen eigentlich lieb ist: Während sie für den Fotografen posieren sollte, lassen zwei junge Touristinnen aus China den Dom links liegen und wollen nur noch die Monster sehen. Und zwar alle. Und anstatt an einem Foto des Unesco-Weltkulturerbes, haben die beiden nur noch Interesse an einem Selfie mit der Monstermutter.

Rasante Entwicklung

Clarissa Schwarz hat über 2000 dieser sogenannten Sockstar-Monster, bestehend aus bunten Socken aus aller Welt, Knöpfen und Stopfwolle, hergestellt. Jedes als Einzelstück und in aufwendiger Handarbeit. Was sie 2009 für einen Kollegen als Geschenk entwickelte, hat sich in den sechs Jahren rasant weiterentwickelt. «Alle, die ein Monster sahen, wollten plötzlich auch eins haben», sagt die 33-Jährige. Aufgrund der wachsenden Nachfrage produziert sie mittlerweile Monster für verschiedene Anspruchsgruppen: Solche ohne Knöpfe für Babies, hippe und freche Monster für Mittzwanziger und Sofa-Monster aus edlen Stoffen für ältere Semester. «Jeder, der ein Monster kauft, erhält eine Adoptionsurkunde. Schliesslich hat jedes einen Namen, ein Geburtsdatum und eine Geschichte», sagt Schwarz. Diese Daten hat sie fein säuberlich in einem 268seitigen Katalog erfasst.

In Sotschi oder in Los Angeles

Dieser Katalog fällt auch dem Pilger-Ehepaar am Nebentisch auf. Nach anfänglicher Skepsis – «Wer will denn schon ein Monster?!» – können sich die beiden dem Charme der nicht gerade Plüschtieridealen entsprechenden Mönsterchen nicht mehr entziehen und kaufen Clarissa Schwarz kurzerhand zwei Stück ab. Mit dem Versprechen, dass sie die Weiterreise der Monster dokumentieren und die Bilder auf die dafür vorgesehene Homepage laden.
Dort ist ersichtlich, was die Monster erleben, in welche Länder sie reisen oder wohin sie ihren Wohnort verlegt haben. «Es ist beeindruckend, meine Monster reisten schon an Orte, die ich noch nie gesehen habe, wie den Taj Mahal», sagt Schwarz. Und eines der Monster, nämlich Yana, kommt besonders viel in der Welt herum. Dieses Exemplar gehört nämlich der Frau von Skispringer Simon Ammann. Auf der Homepage grüsst das Monster von den Special Olympics in Los Angeles oder den Olympischen Winterspielen in Sotschi.

Keine Massenproduktion

Pro Jahr produziert Clarissa Schwarz zwischen 200 und 400 Monster, an einem arbeitet sie zwischen zwei und drei Stunden. Verleidet ist ihr die Arbeit noch nie: «Die Monsterproduktion ist abwechslungsreich und jedes Monster ist anders.» Auch die Namen und Geschichten gehen ihr nicht aus: Sie lässt sich vom Umfeld und den Freunden inspirieren. Anfangs hatte sie Mühe, sich von ihren Sockenmonstern zu trennen, heute ist das für sie kein Thema mehr. «Aber hin und wieder entsteht eines, das ich dann behalte.» Umsatz macht sie mit den Monstern keinen. Und als ihr für viel Geld eine Massenproduktion eines Monsters angeboten wurde, winkte sie sofort ab. «Sockstar-Monster sind eben genau keine Massenware, sondern jedes ist mit viel Liebe von mir hergestellt worden.» So verkauft Clarissa Schwarz ihre Sockenmonster lieber an Koffermärkten, in ausgewählten Läden oder übers Internet. «An den Märkten verkaufe ich aber gar nicht so viel, die Leute wollen eher wissen, wie man so etwas herstellt.» Aber das stört Clarissa Schwarz auch nicht. Das Internet sei schliesslich voll von Anleitungen, wie man mit Socken bastle.

Die grössten Feinde der Monster

Mittlerweile hat Clarissa Schwarz 2058 Monster erschaffen, davon stehen etwa 150 zur Adoption frei. «Manche fielen aber auch Katzen oder Hunden zum Opfer, das sind die grössten Feinde meiner Monster.» Ans Aufhören denkt Schwarz angesichts der beachtlichen Monsterbande aber überhaupt nicht: «Ich weiter, solange meine Finger das zulassen.»